Neben großen Gewerbebrachen und ehemaligen Bahnflächen sind häufig kleinteilige Potenziale in Kommunen zu finden, die in den letzten Jahren meist nicht Teil einer planerischen Steuerung waren. Dazu gehören beispielsweise leerstehende Grundstücke oder Einzelgebäude. Die Aktivierung dieser Innenentwicklungspotenziale ist aufgrund des damit verbundenen Aufwands zurzeit noch nicht kommunales Alltagsgeschäft. Den Kommunen stehen bei dieser Aufgabe meistens private Eigentümer*innen gegenüber, über die wenig Informationen zu Motiven und Interessen vorhanden sind und die zum Teil einen hohen Beratungsbedarf haben. (vgl. Müller-Herbers et al. 2011: 124; Zwicker-Scharm 2011: 121) Aktuell scheuen Kommunen häufig die Ansprache von Privateigentümer*innen, die ein sensibles Vorgehen benötigt und wichtige Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines Beratungsangebotes ist. Eine gezielte Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit können sensibilisierend wirken und frühzeitig dabei unterstützen, Hemmnisse sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Seiten der Privaten abzubauen. (vgl. Brinker und Sinning 2011: 32; Vollmer 2015: 221)
Vorgehen und Erkenntnisse aus den Beratungsgesprächen
Die Unterstützung bei konkreten Innenentwicklungsprojekten stellte in AktVis nach Ortsteil und Quartier die letzte Beteiligungsebene dar. Unter anderem fanden zu Baulückenschließungen, Wiederbelebungen von Leerständen sowie Umnutzungen von Nebengebäuden Beratungen statt. Die Ansprache von Eigentümer*innen erfolgte direkt durch persönlichen Kontakt, durch ein Anschreiben der Kommune oder auf Initiative der Eigentümer*innen. Interesse an einer Beratung war oftmals vorhanden, aber ebenso Bedenken hinsichtlich des Aufwands und der Umsetzbarkeit einer tatsächlichen baulichen Veränderung. Mit interessierten Bürger*innen wurden Einzelgespräche vereinbart, um gemeinsam über Risiken und Chancen zu sprechen. In den durch einen Leitfaden strukturierten Beratungsgesprächen sollten Ideen und Wünsche für eine denkbare bauliche Veränderung möglichst konkretisiert werden. Ziel dieser Gespräche war es gemeinsam weitere Handlungsschritte im Prozess der baulichen Veränderung einzuleiten. Es zeigte sich schnell, dass ein Beratungsgespräch zur Umnutzung der Immobilie erst sinnvoll ist, wenn sich die Eigentümer*innen selbst bereits erste Gedanken über ihre zukünftigen Pläne mit der Immobilie gemacht haben. Dieser entscheidende Schritt muss von Ihnen zunächst eigenständig vollzogen werden. Zu Beginn stehen neben der persönlichen Situation die individuellen Interessen und Fähigkeiten, die Offenheit für neue Ideen sowie vorhandene zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Debatte. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Objekt und eine grobe Vorstellung für die zukünftige Nutzung ist wichtig. Dadurch kann die dringend notwendige intrinsische Motivation zur Umsetzung erreicht werden. Unterstützend und inspirierend können hierbei eine Zusammenstellung von Best-Practice-Beispielen und weiteren Informationen rund um das Thema Umsetzung einer Innenentwicklung wirken.
Abb. 1: Projekte der Innenentwicklung
Quelle: Eigene Aufnahme
Die von den Eigentümer_Innen eigenständig entwickelten Ansätze sollten in den Gesprächen gemeinsam reflektiert werden. Ziel war es weiter die nächsten Handlungsschritte im Prozess der baulichen Veränderung einzuleiten bzw. die Eigentümer*innen hierzu zu befähigen. Erfolgreiche Gespräche müssen umfassend vorbereitet werden, denn der inhaltliche Beratungsbedarf der Eigentümer*innen erfordert sowohl umfassende rechtliche, finanzielle als auch örtliche Kenntnisse. Für eine Kommune ist es hilfreich, zur Vorbereitung vorhandene Bauakten zur Immobilie zu sichten und sich mit der räumlichen sowie baurechtlichen Situation vertraut zu machen. Wichtige Fragestellungen, die auch intern geklärt werden müssen sind z.B.: Welche Ziele verfolgt die Kommune für den Bereich? Welche Hemmnisse sind zu erwarten? Ist die Kommune bereit, das Baurecht bei Bedarf anzupassen? Diese Überlegungen sind entscheidend, um den Eigentümer*innen Hinweise zu geben, mit ihnen Chancen und Risiken zu erörtern, aber auch zu große Erwartungen zu dämpfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Eigentümer*innen den Gang zur Bauverwaltung scheuen, da sie befürchten jede Kommunikation ‚mit dem Amt‘ wäre schwierig oder gar sinnlos. Gerade in der Anfangsphase ist es aber sinnvoll, das Gespräch mit den örtlich zuständigen Stellen für Bauen, Denkmalschutz sowie Dorf- und Regionalentwicklung zu suchen. Dort können frühzeitig Ansprechpartner_Innen vermittelt, Tipps für die weitere Planung geliefert oder auf Fördermittel hingewiesen werden. (vgl. Biermas et al. 2019)
Lohnt sich die schwierige Beratung der Eigentümer*innen?
Die Ansprache und die Einbeziehung von Eigentümer*innen in den Stadtentwicklungsprozess bietet über die Innenentwicklung hinaus Vorteile. Durch den Dialog werden Bedürfnisse, Vorstellungen und Absichten der Eigentümer*innen sichtbar. Dies schafft Planungssicherheit für Kommunen, einen Überblick über die tatsächlich aktivierbaren Innenentwicklungspotenziale und den vorhandenen Markt. Weiterhin können so Kontakte mit der Bürgerschaft geknüpft und Informationen auf ausgetauscht werden. (vgl. Brinker und Sinning 2011: 22; Zwicker-Scharm 2011: 121-122) Wenn die intrinsische Motivation zur Veränderung durch die Eigentümer*innen gegeben ist, können Kommunen unterstützen indem sie eindeutiges Baurecht schaffen, durch beispielsweise die Aufstellung eines Bebauungsplanes, und als Ansprechpartnerinnen und Wegweiser fungieren. Die Interessierten benötigt eine kompetente Beratung aus einer Hand, die sich mit anderen Fachressorts abstimmt und koordiniert. Grenzen der Aktivierung durch Beratung sind hauptsächlich fehlende finanzielle Mittel bzw. das Risiko von Fehlinvestitionen und ein zu geringer Handlungsdruck auf Seiten der Eigentümer*innen aber auch der Kommunen. Der Handlungsdruck kann durch die Sensibilisierung für das Thema Innenentwicklung gesteigert werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Beratung privater Immobilieneigentümer*innen ist ein schwieriges und sensibles Themenfeld. Dennoch lohnt es sich, wenn Beratungen von der Kommune als langfristige, kontinuierliche Aufgabe wahrgenommen werden.
Quellen: