Die fehlende Motivation der Eigentümer_Innen, ihre Grundstücke baulich zu nutzen, zu verändern oder zu verkaufen, stellt eines der entscheidenden Hemmnisse für die Aktivierung von Potenzialen der Innenentwicklung dar (vgl. Umweltbundesamt 2015: 18). Somit ist die Aktivierung durch u.a. die direkte Ansprache der betreffenden Eigentümer*innen ein wichtiger Baustein der kommunalen Innenentwicklung. Kommunen haben eine zentrale Rolle in der Konzeption sowie Umsetzung eines nachhaltigen Flächenmanagements. Ohne die Kooperation der Grundstückseigentümer*innen, deren Verhalten maßgeblich den Flächenverbrauch bestimmt, sind sie jedoch vielerorts nur eingeschränkt handlungsfähig. Aus diesen Gründen sind die Information und Bewusstseinsbildung und dadurch die Einbindung sowie Aktivierung dieser sehr heterogenen, privaten Akteursgruppe ein wichtiger Schritt hin zur Umsetzung einer ressourcenschonenden Siedlungsentwicklung. (vgl. Schmidt und Vollmer 2017: 27; Zwicker-Schwarm 2011: 121) Wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Einbindung von relevanten Akteuren ist ein Verständnis über die Motive und Interessen dieser Akteure hinsichtlich deren Mitwirkungs- und Nichtmitwirkungsbereitschaft. Dazu ist eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit essentiell, sodass die komplexen Planungsentscheidungen kommuniziert werden können und eine Abstimmung möglich ist. Finanzielle Anreize alleine resultieren nicht in eine gewünschte Kooperation mit den Eigentümer*innen, sodass eine direkte Ansprache und Beratung unterstützend wirkt. (vgl. Selle 2000: 171; Vollmer 2015: 108-109)
Bausteine der Eigentümeransprache
Bausteine der Eigentümeransprache sind Information, Moderation, finanzielle Förderung, kommunale Vorleistungen, Beratung sowie die Nutzung des Ordnungsrechts und ggf. weiterer Zwangsinstrumente. Die finanzielle Förderung und die kommunalen Vorleistungen sind entscheidende Anreizinstrumente, die jedoch mit hohen Kosten auf Seiten der öffentlichen Hand verbunden sind und nicht Thema in AktVis waren. (vgl. Hiete et al. 2017: 60; Vollmer 2015: 205-207) Trotz dieser Erfolge werden die Chancen dieses Instruments bisher wegen Vorbehalten bei Bürgermeister_Innen, politischen Gremien und innerhalb der Verwaltungen nur wenig genutzt. Bei der Eigentümeransprache handelt sich um ein kommunalpolitisch umstrittenes Thema, da Unmut in der Bevölkerung und den Gremien erwartet wird. Diesen Vorurteilen kann durch eine gezielte und transparent vorbereitete Eigentümeransprache entgegengewirkt werden. Meist wird nach der Ermittlung der potenziellen Eigentümer*innen und internen politischen Abstimmungen sowie der fachlichen Vorbereitung des Anschreibens bzw. der Befragung die Öffentlichkeit über die Aktion informiert. Danach wird die Eigentümeransprache durchgeführt, die durch Informationsveranstaltungen oder Bürgerworkshops begleitet werden kann. Nach der Auswertung der Antworten kann mit konkreten Maßnahmen, wie Beratungsgesprächen oder Potenzialflächenbörsen, begonnen werden.
Vorgehen und Erfahrungen in AktVis
In AktVis wurde ein dreistufiges Verfahren zur Aktivierung der Eigentümer*innen angewandt. Ausgangspunkt bildete die Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für das Thema Innenentwicklung. Um die Notwendigkeit für den sparsamen Umgang mit Flächen und die Akzeptanz für die Umsetzung von Maßnahmen zu erwirken, wurden zahlreiche Aktionen durchgeführt. Hierzu zählten Ortsrundgänge (s. Abb. 1), mehrfache Gesprächsrunden mit Ortsbeiräten, die Einrichtung einer Projekthomepage sowie eine Fragebogenaktion. Im Anschluss erfolgten die drei Beteiligungsrunden jeweils in allen drei Kommunen. Auf Ortsteilebene wurden vorhandene städtebauliche Defizite und Handlungsfelder identifiziert und daraus dann bestimmte Quartieren für die zweite Ebene zur vertieften Auseinandersetzung festgelegt. Die Eigentümer*innen und Anwohner*innen dieser Quartiere wurden gezielt per Anschreiben durch die Kommune angesprochen, um einen fokussierten Blick auf diese kleinräumigen Gebiete zu werfen und gemeinsam städtebauliche Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Innerhalb des jeweiligen Workshops (s. Abb. 1) wurde gemeinsam diskutiert und Informationen gesammelt. Dies sollte den Teilnehmenden verdeutlichten, dass ggf. auch ihr Grundstück noch Potenzial für weitere Nutzungen bietet. Die Einzeleigentümer*innen der auf diese Weise identifizierten Projekte wurden anschließend erneut per Anschreiben oder persönlich durch Verwaltungsmitarbeitende oder die Bürgermeister zu Beratungsgesprächen zur Diskussion von spezifischen baulichen Ideen eingeladen.
Strategie zur Einbindung der Immobilieneigentümer*innen
Der Umbau bestehender Siedlungen erfordert die Berücksichtigung gegebener Eigentumsstrukturen und es bedarf einer intensiven Einbindung der Immobilieneigentümer*innen als zentrale Akteure der Stadtentwicklung (vgl. Vollmer 2015: 15). Daneben spielen lokale Multiplikatoren, engagierte Akteure aus Politik und Verwaltung sowie ein hoher lokaler Gemeinschaftssinn eine wichtige Rolle bei der Aktivierung. Erkenntnisse aus dem Projekt AktVis bestätigen, dass durch die Beteiligung und Sensibilisierung der Bürgerschaft für das Thema der Innenentwicklung ein aktives Handeln induziert werden kann. Durch die dreistufige Beteiligung inklusive Eigentümeransprache sowie die begleitende Öffentlichkeitsarbeit konnten mehrere bauliche Projekte zur Innenentwicklung angestoßen werden.
Warum lohnt es sich nun mit den Eigentümer*innen ins Gespräch zu kommen?
Zum einen geht es nicht ohne sie. Zum anderen kann eine Innenentwicklung nur gelingen, wenn für die Einzelnen und die Allgemeinheit ein Nutzen generiert wird. Die gezielte Eigentümeransprache kann für alle beteiligten Akteure vorteilhaft sein. Durch den Aufbau eines passenden Beratungs- und Unterstützungsangebot durch die Kommune können Eigentümer*innen erforderliche Hilfestellung erhalten. Für die Kommune sind neben der Umsetzung der Innenentwicklung Erkenntnisse über die Interessenslagen der Eigentümer*innen sowie eine bessere Abschätzung der realisierbaren Innenentwicklungspotenziale für die Bedarfs- und Bauleitplanung Mehrwerte. (vgl. Umweltministerium BW und stMUG 2008: 6) Allerdings gibt es aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituation in den Kommunen kein Patentrezept zur erfolgreichen Aktivierung über Sensibilisierung und Beteiligung. Sich den betreffenden Akteuren zu nähern und sie zu einer aktiven Mitwirkung zu motivieren ist teilweise schwierig. „Aber nur durch eine direkte Ansprache und eine anschließende aufsuchende Beratung können Entwicklungsblockaden, die sich aus der konkreten Situation der Immobilie oder aus der Eigentümerschaft ergeben haben, gelöst und Investitionen angestoßen werden“ (Schmidt 2014: 133). In der Regel ist mit diesen Aktivitäten ein hohes persönliches Engagement der Kommunen verbunden, das im Hinblick auf einen nachhaltigen Erfolg eine verlässliche Zeit- und Finanzierungsstruktur benötigt. Dadurch lassen sich schwierige Projekte realisieren, die sich positiv auf den gesamten Ort auswirken. Besonders bei Bestandsplanungen ist ein kooperatives Zusammenwirken der Kommune mit diesen zentralen Schlüsselakteure (vgl. Vollmer 2015: 77) und das langsame Heranführen an die Thematik erfolgsversprechend. In AktVis konnten das Heranführen durch die dreistufige Beteiligung mit verschiedenen Phasen der Öffentlichkeitsarbeit und Ansprache erfolgreich umgesetzt werden.
Quellen: